Warme Sommerabende, ein kühles Bier und der Geruch des heißen Grills im Garten und dazu ausgelassene Fußballspiele. Ab 10. Juni beginnt die Europameisterschaft 2016. Doch wie teuer ist die EM eigentlich? Geben wir alle wirklich so viel mehr aus während dieser Tage und bescheren Deutschland damit ein sattes Umsatzplus?
In den endlosen Reihen des Fan-Merchs und der Lizenzartikel, gibt es nichts, das es nicht gibt. Gummibären in Schwarz, Rot und Gold, auf der Verpackung von Schoko-Milch-Riegeln prangen die Konterfeis der Nationalspieler aus Jugendtagen, der Kugelgrill kommt in Fußballform. Jeder Hersteller möchte an der EM verdienen und dies treibt Stilblüten wie zuletzt der Start des jüngsten Star Wars Abenteuers, welches uns Orangen im Droidenkostüm lieferte oder Parfüms in Lichtschwertern. Aber entspricht es der Tatsache, dass die Deutschen während eines Großereignisses wie der Fußball EM 2016 in Frankreich tatsächlich mehr Geld ausgeben? Laut Hochrechnungen werden in Deutschland während der Spiele rund 23.000 Euro ausgeben und das alle 10 Sekunden.
Das Wetter als wichtiger Faktor
Natürlich profitieren Getränke- und Snackhersteller ordentlich. Für die WM 2006 ergab sich in den beiden Spielmonaten ein Plus von 12,8 Prozent (Juni) und 15,7 Prozent (Juli) bei WM-typischen Produkten wie Bier, Limonade, Snacks, Soßen und Grillgut. Bei den restlichen Gütern des täglichen Bedarfs wurden im Juni nur 3,6 Prozent mehr verkauft, im Juli waren es sogar 1,3 Prozent weniger. Während der WM 2014 registrierten die Marktforscher im Juni ein deutliches Absatzplus von 5,7 Prozent, während andere Produkte ein Minus von 2,3 Prozent auswiesen. Im Juli ging es dann für beide leicht abwärts. Der wirklich ausschlagende Faktor war hier übrigens das Wetter. Beim Sommermärchen 2006 wurde heller Sonnenschein geliefert, 2014 jedoch gewitterte es ordentlich und viele Grillpartys im Freien erlebten einen frühzeitigen Spielabbruch.
Die Anbieter von Sportwetten gehen davon aus, während der EM gute Margen einzufahren. „Nach einer Faustregel verdoppeln sich die Umsätze der Buchmacher bei sportlichen Großereignissen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Sportwettenverbandes, Luka Andric dem General Anzeiger gegenüber. Dabei geht es den Spielfreudigen inzwischen nicht nur um Sieg oder Niederlage. Viele Gambler freuen sich auf Wetten abseits des Üblichen. Wer wird Torschützenkönig, wer erhält die erste Rote Karte, wie viele Fouls wird es während der EM geben? Die Buchmacher haben sich darauf vorbereitet und bieten spezielle Wetten zur EM-2016 an. Hierbei werden oftmals auch gesonderte Konditionen angeboten um neue Kunden zu locken.
Chips daheim vorm Fernseher
Interessanterweise scheint der Bundesbürger nicht halb so gesellig zu sein, wie er sich gerne gibt. So wurden in beiden letzten Meisterschaften am liebsten salzige Snacks für den Hausbedarf erworben. Der Fan schaut also gern daheim. Das aber auf einem neuen Fernseher. Zu Beginn einer WM oder EM wird schnell noch einen Fernseher gekauft. So war es 2010, 2012, 2014 und so soll es auch 2016 sein. Wirtschaftlich folgt das Geschäft mit Fernsehern dem Fußball-Rhythmus. In Jahren von Europa- oder Weltmeisterschaften werden überdurchschnittliche Stückzahlen abgesetzt.
2015 wurden in Deutschland 6,95 Millionen Fernseher abgesetzt, 14 Prozent weniger als 2014, das Jahr in dem Deutschland in Brasilien Weltmeister wurde. 2016 erhofft sich die Branche erneut ein Wachstum und eine höhere Investitionsbereitschaft. Erwartetet wird ein Anstieg auf 600 Euro je Flachbildschirm. Die Konsumenten sind bei Sportereignissen offenbar bereit, mehr Geld in die Arena im Wohnzimmer zu stecken.
Kapazität der Stadien bei der Fußball-Europameisterschaft 2016 in Frankreich
- Stade de France in Saint-Denis Kapazität: 81.338 Zuschauer
- Stade Vélodrome in Marseille Kapazität: 67.000 Zuschauer
- Grande Stade de Lyon in Lyon Kapazität: 58.000 Zuschauer
- Stade Pierre-Mauroy in Villeneuve-d’Ascq (Lille) Kapazität: 50.000 Zuschauer
- Parc des Princes in Paris Kapazität: 45.000 Zuschauer
- Grand Stade de Bordeaux in Bordeaux Kapazität: 43.000 Zuschauer
- Stade Geoffroy-Guichard in Saint-Etienne Kapazität: 41.500 Zuschauer
- Stade Bollaert-Delelis in Lens Kapazität: 35.000 Zuschauer
- Allianz Riviera in Nizza Kapazität: 35.000 Zuschauer
- Stadium Municipal in Toulouse Kapazität: 33.000 Zuschauer
Prost EM
Wer grade einen neuen Fernseher hat, der möchte trotz aller Heimeligkeit nicht alleine sein. Ein paar gute Freunde werden eingeladen und für die will Bier im Haus sein. Beim Deutschen Brauer-Bund freut man sich auf die nächsten Wochen. Die vergangenen, großen Fußball-Events haben gezeigt, dass während der Turnierdauer mehr Bier getrunken wird als sonst in Sommerwochen üblich. Auch aus dem Ausland wird vor europa- oder weltweiten Großereignissen deutlich mehr bestellt. Bei der WM 2006 in Deutschland haben die heimatlichen Brauer vor und während der Meisterschaft rund fünf Prozent mehr Bier verkauft, bei den Europa- und Weltmeisterschaften in den Folgejahren waren es rund vier Prozent. Je mehr Spiele die deutsche Elf erfolgreich bestreitet, desto höher liegt auch die Nachfrage. Wie beim Fleischverkauf ist für die Brauereien das gute Wetter ein wichtiger Faktor. Die größten Absatzzahlen kommen in Public Viewing Arealen, Biergärten und Kneipen zustande.
Als Maß aller Dinge gilt hierbei das Jahr 2006. Im Juni betrug der Bierabsatz rund elf Millionen Hektoliter. Der Durchschnittsabsatz im Juni der letzten Dekade beläuft sich auf knapp zehn Millionen Hektolitern.
Gartenmöbel und Sammlertrieb
Gerne wird ein Teil dieses Bieres im heimischen Garten, dem eignen Schrebergarten oder auf dem Balkon genossen. Wie beim Fernseher geht es dann auch um ein gewisses Maß der Präsentation. Die ausgebleichten Gartenstühle werden dafür gegen neue ausgetauscht, der alte Grill macht ebenfalls nichts mehr her und darf in Rente gehen.
Den Bau- und Heimwerkermärkten beschert dies ein Umsatzplus. Besonders in den Bereichen Garten und Deko macht sich diese Steigerung bemerkbar, aber natürlich auch bei Grills und Kohle. Allerdings scheint der Deutsche langsam Geschmack an Gasgrills gefunden zu haben – sehr zur Freude von mit Rauch geplagten Nachbarn.
Besonders beliebt ist, meist bei Erwachsenen und weniger bei Kindern, das Panini Sammelalbum zur EM 2016. Auf den 96 Seiten des Panini-Albums zur Fußball-Europameisterschaft gibt es 680 freie Plätze, an die Sticker geklebt werden müssen. Die Sticker gibt es in Tütchen mit je fünf Stück. Ein Stickertütchen kostet im Handel 70 Cent. Geht man vom besten Fall aus, benötigt man 136 Stickertütchen, um das Sammelalbum vollständig zu bekleben. Kostenpunkt: 95,20 Euro. Im Normalfall liegen die Ausgaben allerdings deutlich höher. Um das Panini-Album zur EM 2016 vollzumachen, muss man im Schnitt 747 Stickertütchen kaufen. Damit wird die Sammelleidenschaft richtig teuer und kostet stolze 522,90 Euro.
Aller Konsumsteigerung zum Trotz macht sich die gesteigerte Konsumbereitschaft im Bruttoinlandsprodukt kaum bemerkbar. Zwar werden einige Millionen zusätzlich an Umsatz erzeugt, bei einem BIP von 3,03 Billionen Euro fallen diese kaum ins Gewicht.
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